Studienfahrt Brüssel: Schokolade, EU-Politik und Kosmopolitismus in der Hauptstadt Europas
Studienfahrt Brüssel: Schokolade, EU-Politik und Kosmopolitismus in der Hauptstadt Europas
Gegen 7:30 Uhr begann am Montag, 21.10.2024, am Stuttgarter Hbf für 25 SuS der Jahrgangsstufe 1 mit den Lehrer:innen Frau Bentz, Frau Struck und Herrn Zündel die Studienfahrt mit dem Ziel BRÜSSEL. Klimafreundlich und reibungslos verlief die Anfahrt mit dem Zug. Beim Umstieg in Köln blieb sogar genug Zeit, um sowohl den Kölner Dom als auch die Rheinbrücke zu bewundern.
In Brüssel angekommen, 13:30 Uhr, lotsten einzelne Schüler:innen unsere Reisegruppe souverän und eigenständig zum Hotel Meininger Brussels City – ein Konzept, das wir für die Woche beibehalten sollten. Die erste Tramfahrt gestaltete sich noch abenteuerlich – schmale Türen, die sich viel zu schnell schließen wollten, und steile Treppenstufe, dazu das im VVS ungewohnte Bezahlsystem – doch zum Ende der Woche konnte wohl jede:r von sich behaupten, Profi für die Nutzung des STIP (Brüsseler ÖPNV) zu sein. Nach der pünktlichen Ankunft bot der erste Nachmittag genügend Zeit für eine individuelle Erkundung: zuerst der Hotelzimmer, dann der Innenstadt – inkl. der zahlreichen bunten Fritten- und Waffelstände. Mit einer gemeinsamen Fahrt im Riesenrad wurde der erste Abend beschlossen.
Am Dienstagmorgen wartete eine Stadtführung von zwei tri- bis quadrilingualen Guides in englischer Sprache. So waren die unterschiedlichen Landessprachen – auch im belgischen Schulsystem – gleich Thema. In zwei Gruppen verteilt erkundeten wir das Gebiet um den Grand Place/Grote Markt (Weltkulturerbe). Anschaulich und kurzweilig erörterte jede:r der Guides die Entwicklung in und von Brüssel zu "Europas Hauptstadt", ebenso wie die damit einhergehende Stigmatisierung. Immer wieder machten die Stadtführer auf Wandgemälde (Murlas) aufmerksam, die sich zum Teil mit der Stadtgeschichte, belgischer Comic-Tradition, aber auch mit zeitgenössischen Gleichberechtigungsbewegungen und Toleranzfragen z.B. der LGBTQIA+ Community auseinandersetzen. Ein Fotostopp am Manneken Pis durfte nicht fehlen, bevor ein weiterer Nachmittag zur freien Verfügung stand. Dieser wurde zu ausgedehnten Stadtbummeln, Shoppingtrips und zur Selbstverpflegung im Hotel genutzt. Abends taten sich verschiedene Grüppchen zum Kartenspiel zusammen.
War unser Anreisetag am Montag noch trüb und nass, so wurden wir für den Rest der Woche mit bestem spätsommerlichem Wetter belohnt. Wie bereits am Dienstag erwartete uns am Mittwoch strahlend-goldener Sonnenschein: Die ideale Voraussetzung für einen Besuch im Mini-Europe. Bis zu zweieinhalb Stunden fesselten Europas Wahrzeichen im Miniaturformat sowie eine Ausstellung über die Bedeutung der EU einzelne Schülergrüppchen. Neben den großen Wahrzeichen gab es allerhand Details zu entdecken, und wer wollte, konnte sein Wissen über europäische Hauptstädte, Länderflaggen und weitere geopolitische Details auffrischen. Nach einer dezentralen Mittagspause trafen wir uns am unumgänglichen Wahrzeichen Brüssels und Belgiens, dem Atomium, einer 165 Milliardenfachen Vergrößerung eines „Eisenatoms“. Mit den Eintrittskarten hatte nun jede:r die Möglichkeit, die Ausstellungen in den einzelnen „Kugeln“ zu besuchen und den Ausblick aus 102m Höhe über Brüssel zu genießen. Wer dann immer noch nicht genug hatte, konnte mit derselben Eintrittskarte einen kostenlosen Besuch im Design Museum anhängen.
Der Donnerstagvormittag stellte vermutlich das Highlight der Studienfahrt dar. In einer kleinen Schokoladenmanufaktur in einem Vorort Brüssels lauschten wir zuerst einem Vortrag über Kakaogewinnung und Schokoladenproduktion inkl. Verköstigung der verschiedenen Arbeitsschritte wie Kakaonibs und Schokoladendrops, bevor schließlich alle selbst aktiv werden und ihre eigenen Schokoladenkonfekte kreieren durften. Mit sichtlicher Freude gingen alle ans Werk. Der Fantasie und Kreativität waren dabei als Grenzen nur die Verpackungsgrößen der Tüten gesetzt, in der man die eigenen Produkte mit nach Hause nehmen konnte.
Am Nachmittag war ein selbstgewählter obligatorischer Museumsbesuch in Kleingruppen angesetzt. Zur Wahl standen u.a. das Haus der europäischen Geschichte, das einen umfassenden Überblick über europäische Identität als auch einen Crashkurs GGK-abiturrelevanter Themen bot, das Museum der Belgischen Nationalbank, in dem man Geldscheine mit dem eigenen Foto drucken konnte, verschiedene Comic-Museen, Museen zur Stadtgeschichte usw.
Zum gemeinsamen Abschluss des Tages traf man sich in einem typisch belgischen Restaurant (Pub/Wirtshaus) zum Abendessen. Viele probierten hier die belgische Spezialität "Stoemp" – gestampftes Wurzelgemüse mit Wurst. Was für manche sicherlich gewöhnungsbedürftig war, bot zugleich die Möglichkeit, die Landeskultur auf kulinarische Art weiter kennenzulernen. Das Ambiente des Pubs setzte einen schönen Rahmen, den letzten Abend gemeinsam ausklingen zu lassen.
Am Freitag, 25.10.2024, wartete vermutlich der anstrengendste Tag auf viele. Verhältnismäßig wenig Zeit hatten wir am Morgen, da die Koffer zum Frühstück bereits gepackt sein mussten und wir um 9 Uhr im EU-Parlament, dem größten multinationalen Parlament der Welt, angemeldet waren. Das Regierungsviertel zeigte eine ganz neue Seite Brüssels, mit moderner Architektur und geschäftigem Treiben. Im EU-Parlament wartete auf über 120m² ein multimediales hoch-didaktisiertes Rollenspiel auf unsere Reisegruppe. Durch „Plenarsäle“, „Fraktionszentralen“, „Interviewräume“ und „Begegnungsstätten mit der europäischen Bevölkerung“ nahmen die Schüler:innen für ihre jeweiligen Fraktionen Termine wahr, diskutierten und einigten sich zum Schluss auf zwei Gesetzesentwürfe. Manche waren nach der Woche sichtlich erschöpft, andere konnten das fast 2,5-stündige Angebot enthusiastisch aufnehmen und so realistisch einen Gesetzgebungsprozess der EU durchlaufen. Für viele blieb auch als Resultat die Erkenntnis, wie anstrengend und belastend – in der Verbindung mit der Verantwortung – die demokratische Tätigkeit als Politiker sein muss, und dass es daher umso wichtiger ist, sich bei Wahlen ausreichend zu informieren. Wer nun noch mehr vom EU-politischen Geist angesteckt war, konnte anschließend noch das Besucherzentrum mit multilingualem Audioguide besuchen.
Nach einer ausgedehnten Mittagspause traten wir gegen 16:15 Uhr schließlich die Heimfahrt an. Auch hier verlief alles reibungslos. Nach ruhigen Stunden in zwei ICEs, die unterschiedlich mit Schlafen, Lesen, Spielen, Musikhören und Gesprächen verbracht wurden, kamen wir pünktlich um 22 Uhr in Stuttgart an und verabschiedeten uns nach dieser schönen und eindrucksvollen Woche in die Herbstferien.
Vanessa Bentz